TANZ - ein bewegtes und bewegendes Medium für die Schule: Kommunikation mit Tanz fördern und unterstützen
Details
Erziehungsstile, Methoden der Wissensvermittlung und zu lehrende Inhalte sind einem ständigen Wandel ausgesetzt. Tanzstile sind gesellschaftlich geprägt und wirken auf die jeweilige Gesellschaft ein. Um Schule neu zu gestalten, bedarf es einer pädagogischen Haltung, die vertrauensvoll viel geistige und körperliche Bewegung zulässt. Provokativpädagogisch arbeiten meint, Menschen anzuregen, neue Denk-, Bewegungs- und Kommunikationsmodelle zu nutzen, um beziehungsorientiert zu arbeiten. Der Dialog nach Bohm wird für eine achtsame Kommunikation mit den Schüler_innen geübt. Das Agieren und Reagieren im provokativen Stil nach Höfner und Schachtner dient der Kommunikation, um Situationen humorvoll zu entschärfen. Die Körperarbeit nach Boadella und Lowen verschafft den Jugendlichen während des Unterrichts bewegte Pausen. Das hawai ianische Denkmodell wird genutzt, um das eigene Bewältigungsrepertoire bei Bedarf zu erweitern und die für diesen Moment sinnvollste Alternative zu wählen und in liebevoller Konsequenz zu agieren bzw. reagieren. Der Tanz wird ob seiner Vielfalt allen vier Ansätzen angenähert und wirkt in der Studie unterstützend und herausfordernd zugleich. Neben der theoretischen Auseinandersetzung mit den genannten Inhalten werden im vorliegenden Buch auch die Ergebnisse einer zwölfmonatigen Feldstudie dargelegt, in der gezeigt wird, ob über den Tanz und die vier provokanten Ansätze Haltungen von Jugendlichen in der Sekundarstufe I salutogen beeinflusst werden können.
Autorentext
Doris Gillinger, Jahrgang 1967, ist Mutter von zwei Kindern. Nach dem Studium der Mathematik, Biologie und Sport an den Pädagogischen Akademien in Wien und Krems unterrichtete sie an einer Neuen Mittelschule in Wien. Tanz und Pädagogik faszinieren die Autorin seit ihrer Jugend und so schloss sie die Ausbildung zur Integrativen Tanzpädagogin bei Bernhard Weiser und das Masterstudium der Provokativpädagogik an der Donau Universität in Krems ab. Tanz integriert sie seit 2002 in das Unterrichtsgeschehen an der Schule. An der Katholisch Pädagogischen Hochschule Wien/Krems ist sie sowohl in der Ausbildung als auch in der Fort- und Weiterbildung tätig (Schwerpunkte: Persönlichkeitsbildung über die tänzerische Auseinandersetzung mit sich selbst, Kommunikationsmodelle in der Klasse, Tanz in der Schule und im Freizeitbereich). An der Fachschule Gaming unterrichtet sie Bewegung und Bewegungsstrukturen mit dem Schwerpunkt Tanz.
Leseprobe
Textprobe:
Kapitel 2.5, Getanzt von der Neuzeit bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts:
Der Tanz entwickelte sich in dieser Epoche mehr als in jeder anderen in viele unterschiedliche Richtungen, so wie dies auch in politischen Systemen passierte. Die Tänze der unteren Sozialschichten, also die Volkstänze, blieben von unmittelbarer Körperlichkeit geprägt. In der höfischen Kultur spaltete sich der Bühnentanz vom Gesellschaftstanz ab, was sich in weiterer Folge auch auf das Bürgertum übertrug. Trotz vielfältiger Beeinflussungen führen diese drei Richtungen Volkstanz, Gesellschaftstanz und Kunsttanz bis dato eine Art Eigenleben. Volkstanz bezeichnete ursprünglich Tanzformen, die aus der direkten Tradition der Menschen ohne aufgesetzte Organisation gewachsen waren. Sie zeigten meist Bewegungsmuster, die den alltäglichen Bewegungen entsprachen. Heute werden auch länderspezifisch choreographierte Reigentänze zu den Volkstänzen gezählt. Typische Bewegungen und Bewegungsabläufe aus handwerklichen Berufen wurden in Tänze integriert. Gesellschaftstänze sind Laientänze, die nach einer bestimmten Form organisiert sind und denen eine wichtige sozialisierende Rolle zukommt. Der Kunsttanz ist eine rein professionelle Tanzform.
Im Volk wurde ausgelassen getanzt, während im gehobenen Bürgertum und im Adel das Gedankengut der Renaissance und des Absolutismus auch im Tanz in der Disziplinierung des Körpers zum Ausdruck kam. Die Tendenz, im Tanz Technik und Präzision zu perfektionieren drängte die Lebendigkeit immer mehr in den Hintergrund. Die vollkommene Form und die zweckgelöste Schönheit wurden Ziel des Tanzes. Dies war auch in der griechischen Antike ein klar definierter philosophischer Ansatz im Tanz. Der höfische Tanz wurde immer strenger und schrieb Bewegungsmuster exakt vor; auch die Sprache wurde künstlicher. Tanz war eine Ausdrucksform für das Lebensgefühl; es wurde nicht aus dem Herzen getanzt, sondern man tanzte das Kunstwerk der Tanzmeister. Die professionellen Tanzmeister entwickelten hochkomplizierte Tänze, Tanz erhielt einen festen Platz im Erziehungskonzept der Renaissance und galt als körperliches und geistiges Exerzitium. Die Abspaltung von Affekten und körperlichen Bedürfnissen vom Bewusstsein führte auch dazu, dass die körperliche Spaltung zwischen Außen und Innen begann und die Haut samt Kleidung zu einer Art Panzer wurde. In den bürgerlichen Häusern wurden Tanzmeister zum Unterrichten eingeladen und in den Städten entstanden die ersten Tanzschulen. Ballette wurde zu Beginn der Neuzeit an italienischen Höfen als unterhaltsames Zwischenspiel (mit teils politischen Botschaften) für theatralische Aufführungen entwickelt. Die Herrscher selbst tanzten Ballette auf der Bühne. Ludwig XIV. war ein begeisterter und guter Tänzer. Er stellte innerhalb eines Menuettes persönlich die Sonne dar. An seinem Hof entstand das klassische Ballett als hochstilisierte Kunstform für die Bühne, und er ließ in Paris eine Tanzakademie eröffnen, in der jene geometrische Strenge herrschte, aus der später die Grundpositionen des Balletts abgeleitet wurden. Der professionelle Bühnentanz als Kunstform war entstanden und grenzte sich immer stärker vom Volks- und Gesellschaftstanz ab.
Die Unzufriedenheit im Volk und die zunehmende Brüchigkeit in den Machtpositionen der Herrscherhäuser führten dazu, dass sich die Bürger auch beim Tanz von den Herrschern distanzierten und sich wieder dem Volkstanz näherten, von dem sie sich am Ende des Mittelalters in Richtung Adel abgehoben hatten. Volkstänze und Gesellschaftstänze mischten sich, was auch aufgrund der Öffnung der sozialen Schranken möglich war. Während der Französischen Revolution wurde Can-Can getanzt, und in Wien entwickelte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Walzer. Mit beiden Tänzen setzte das aufbegehrende Bürgertum den zivilisierten und starren Bewegungsformen der Herrscherhäuser einen neuen Tanzstil entgegen. Der Can-Can wurde v
Weitere Informationen
- Allgemeine Informationen
- GTIN 09783958508910
- Auflage 1. Aufl.
- Sprache Deutsch
- Genre Arbeits-, Wirtschafts- & Industriesoziologie
- Größe H220mm x B155mm x T9mm
- Jahr 2015
- EAN 9783958508910
- Format Kartonierter Einband
- ISBN 978-3-95850-891-0
- Veröffentlichung 25.02.2015
- Titel TANZ - ein bewegtes und bewegendes Medium für die Schule: Kommunikation mit Tanz fördern und unterstützen
- Autor Doris Gillinger
- Gewicht 216g
- Herausgeber Diplomica Verlag
- Anzahl Seiten 128