Frau Jenny Treibel
Details
Dem meisterhaften Gesellschaftskritiker Fontane gelingt es wie in seinen anderen Romanen auch in diesem, 1891 veröffentlichten, die Figuren im Gespräch zu charakterisieren und gleichzeitig zu entlarven. "Frau Jenny Treibel" hat man oft ein "Lustspiel über die Sprache" genannt, und Fontante selbst äußert sich in einem Brief wie folgt: Für ihn sei der Roman eine "humoristische Verhöhnung unsrer Bourgeoisie mit ihrer Redensartlichkeit auf jedem Gebiet, besonders auf dem der Kunst und der Liebe, während sie doch nur einen Gott und ein Interesse kennen: das Goldene Kalb". Diese Ausgabe ist mit einem ausführlichen Nachwort und Worterklärungen versehen.
Autorentext
Theodor Fontane (1819-98) ist der bedeutendste Erzähler des literarischen Realismus. Der gelernte Apotheker machte mit 30 Jahren das Schreiben zum Beruf, zunächst als Journalist und Theaterkritiker. Erst spät begann er erfolgreich Romane und Erzählungen zu schreiben. Seine Romane und Novellen, die vielfach verfilmt wurden, zählen zu den meistgelesenen Klassikern des 19. Jahrhunderts.
Leseprobe
An einem der letzten Maitage, das Wetter war schon sommerlich, bog ein zurückgeschlagener Landauer vom Spittelmarkt her in die Kur- und dann in die Adlerstraße ein und hielt gleich danach vor einem, trotz seiner Front von nur fünf Fenstern, ziemlich ansehnlichen, im übrigen aber altmodischen Hause, dem ein neuer, gelbbrauner Ölfarbenanstrich wohl etwas mehr Sauberkeit, aber keine Spur von gesteigerter Schönheit gegeben hatte, beinahe das Gegenteil. Im Fond des Wagens saßen zwei Damen mit einem Bologneserhündchen, das sich der hell- und warmscheinenden Sonne zu freuen schien. Die links sitzende Dame von etwa Dreißig, augenscheinlich eine Erzieherin oder Gesellschafterin, öffnete, von ihrem Platz aus, zunächst den Wagenschlag und war dann der anderen, mit Geschmack und Sorglichkeit gekleideten und trotz ihrer hohen Fünfzig noch sehr gut aussehenden Dame beim Aussteigen behilflich. Gleich danach aber nahm die Gesellschafterin ihren Platz wieder ein, während die ältere Dame auf eine Vortreppe zuschnitt und nach Passierung derselben in den Hausflur eintrat. Von diesem aus stieg sie, so schnell ihre Korpulenz es zuließ, eine Holzstiege mit abgelaufenen Stufen hinauf, unten von sehr wenig Licht, weiter oben aber von einer schweren Luft umgeben, die man füglich als eine Doppelluft bezeichnen konnte. Gerade der Stelle gegenüber, wo die Treppe mündete, befand sich eine Entreetür mit Guckloch, und neben diesem ein grünes, knittriges Blechschild, darauf "Professor Wilibald Schmidt" ziemlich undeutlich zu lesen war. Die ein wenig asthmatische Dame fühlte zunächst das Bedürfnis, sich auszuruhen, und musterte bei der Gelegenheit den ihr übrigens von langer Zeit her bekannten Vorflur, der vier gelbgestrichene Wände mit etlichen Haken und Riegeln und dazwischen einen hölzernen Halbmond zum B&u
Weitere Informationen
- Allgemeine Informationen
- GTIN 09783872911759
- Sprache Deutsch
- Genre Deutsch
- Größe H201mm x B126mm x T15mm
- Jahr 1991
- EAN 9783872911759
- Format Kartonierter Einband
- ISBN 978-3-87291-175-9
- Titel Frau Jenny Treibel
- Autor Theodor Fontane
- Untertitel oder "Wo sich Herz zum Herzen find't". Roman
- Gewicht 149g
- Herausgeber Hamburger Lesehefte
- Anzahl Seiten 183
- Lesemotiv Verstehen