Wir verwenden Cookies und Analyse-Tools, um die Nutzerfreundlichkeit der Internet-Seite zu verbessern und für Marketingzwecke. Wenn Sie fortfahren, diese Seite zu verwenden, nehmen wir an, dass Sie damit einverstanden sind. Zur Datenschutzerklärung.
Die kulturelle Seite der Währung
Details
Das Buch thematisiert im internationalen Vergleich die prägenden Wirkungen von historischen Währungserfahrungen. Konkret wird analysiert, ob und inwieweit sich Währungserfahrungen, beispielsweise Inflation, niedergeschlagen haben in unterschiedlichen Währungskulturen und ob und inwieweit sich diese dann in differierenden Zentralbanksystemen institutionalisierten, in spezifischen Geldpolitiken ausdrückten und in nationalkollektiven "Währungsbildern" manifestierten. Im Zentrum stehen also die Verbindungen zwischen institutionell-politischer Sphäre und den nationalen politischen Kulturen und Referenzgrößen, die dahinter stehen und in bestimmten diskursiven Strategien, politischen Symbolen und aktiven Öffentlichkeitspolitiken transportiert werden - mit Langzeitwirkungen bis hin zu den Debatten um die Einführung und Akzeptanz des Euro.
Mit Beiträgen von Olivier Feiertag, Bernd Hayo, Maria Köhler-Baur, Dieter Lindenlaub, Bernhard Löffler, Gabriele Metzler, Tobias Straumann
Autorentext
Bernhard Löffler, geboren 1965, ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der der Ludwigs-Maximilians-Universität München.
Zusammenfassung
"Der kenntnisreiche, sorgfältig dokumentierte Beitrag räumt mit vielen Vorurteilen auf und ist eine unverzichtbare Basis für künftige Darstellungen zur deutschen Währungs- und Wirtschaftsgeschichte im 20. Jahrhundert." Gerd Hardach, H-Soz-u-Kult "Man wünscht sich dieses Buch nicht nur unter das Kopfkissen möglichst zahlreicher (geld-) politischer Entscheidungsträger, sondern kann die Lektüre auch jedem am Phänomen 'Geld' Interessierten uneingeschränkt empfehlen." Bankhistorisches Archiv, Heft 1/2011
Leseprobe
Abolish the pound and you abolish Britain" Pfund Sterling, Bank of England und britische Identität im 20. Jahrhundert (S. 169-170)
Von Gabriele Metzler
In Großbritannien toben die Schlachten um den Beitritt des Landes zur Europäischen Währungsunion so lange und so scharf wie nirgendwo sonst. Im Pub und bei Bingonachmittagen wird um das Thema ebenso gestritten wie im Parlament. Dort treffen nicht nur Tories und Labour-Abgeordnete aufeinander, sondern längst ist über den Euro auch ein Riß mitten durch die Reihen der großen Parteien entstanden. Tatsächlich geht es in den britischen Debatten über die Einführung des Euro um weitreichende Fragen, denn hier wird der grundsätzliche Konflikt über den Platz Großbritanniens in Europa ein weiteres Mal geweckt, ein Konflikt, der in der britischen Innenpolitik der vergangenen fünf Jahrzehnte stets die größte Spaltkraft entfaltete.1 Mag der Euro als Katalysator europapolitischer Grundsatzdebatten in jüngster Zeit vom Verfassungsvertrag abgelöst worden sein, so bleibt das Thema doch relevant, solange eine endgültige Entscheidung für oder wider den Beitritt Großbritanniens zur europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) noch nicht gefallen ist.
Der Euro und das mit ihm verbundene institutionelle Gefüge berühren die gewachsene britische Währungskultur und die traditionelle Stellung der Bank of England. Am Beispiel der Herausforderung durch die europäische Gemeinschaftswährung läßt sich daher die Bedeutung der britischen Währungskultur und der Zentralbanktradition des Landes besonders gut erkennen. Der Euro steht distinkten, spezifisch britischen Institutionen gegenüber, in denen sich bestimmte historische Erfahrungen verdichtet haben.
Insofern lassen sich die britischen Euro-Debatten immer auch als Akt der Selbstvergewisserung lesen, weil und indem in ihnen der Erfahrungsbestand überprüft und neu geordnet wird, die Institutionen also gedeutet, historisch eingeordnet und gegebenenfalls neu legitimiert werden. Das führt unmittelbar auf den Ausgangspunkt dieses Bandes, daß tradierte Geschichtsbilder Ordnungswissen produzieren" und, durch ihren Niederschlag in Institutionen, wirklichkeits-, handlungs- und strukturprägend" wirken, während umge kehrt die Institutionalisierung dafür sorgt, daß diese Erfahrungen langfristig wirken.
Am Beispiel des Pfund Sterling und der Bank of England möchte ich hier folgende These zur Diskussion stellen: In den Debatten über die Institutionen Euro oder Pfund bzw. über die Rolle der Zentralbank geht es nicht vorrangig um ökonomische Zusammenhänge. Vielmehr tradieren das Pfund und die Bank of England als genuin britische Institutionen spezifische Geschichtsbilder, in denen das gesellschaftliche und politische Selbstverständnis des Landes zum Ausdruck kommen. An diese Institutionen haben sich überkommene Leitbilder und Gewißheiten angelagert, die zugleich durch beide Institutionen perpetuiert werden und über den Zusammenhang der konkreten Institution hinaus handlungsleitend wirken. Auch wenn die Politikpräferenzen im Hinblick auf beide Institutionen im Laufe des 20. Jahrhunderts wechselten, hat sich in den Deutungen ein stabiler Kern erhalten, der das britische Selbstverständnis mit fundiert.
Ich möchte für diese These in vier Schritten Argumente entwickeln. Zunächst erläutere ich die Geschichte der Bank of England und die Entwicklung des Pfunds im 20. Jahrhundert, um dann in einem zweiten Schritt die anstehenden Veränderungen in diesem Gefüge durch den Euro, eingebettet in den allgemeineren Kontext der britischen Europapolitik, zu analysieren. Der dritte Teil gibt einen knappen Überblick darüber, wie sich die Kräfte in den innenpolitischen Auseinandersetzungen um den Euro verteilten, welche Organisationen sich bildeten und wie die Regierung ihre Politik zu vermitteln suchte.
Inhalt
1;Inhalt;6
2;Vorwort;8
3;Währungsgeschichte als Kulturgeschichte?;10
3.1;Konzeptionelle Leitlinien und analytische Probleme kulturhistorischer Ansätze auf wirtschafts- und währungsgeschichtlichem Feld;10
4;Inflationseinstellungen, Zentralbank-unabhängigkeit und Inflation;44
4.1;I. Einleitung;44
4.2;II. Die Bedeutung von Inflationskulturen;45
4.3;III. Überlegungen zum Zusammenhang von Bevölkerungspräferenzen und Geldpolitik;49
4.4;IV. Datenbasis und deskriptive Analyse;55
4.5;V. Wichtigkeit des Inflationsziels und tatsächliche Inflation;60
4.6;VI. Sind die Einstellungen zur Inflationsbekämpfung zeitlich konstant?;63
4.7;VII. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen;66
4.8;Anhang (zu Kapitel IV);68
5;Deutsches Stabilitätsbewußtsein;70
5.1;Wie kann man es fassen, wie kann man es erklären, welche Bedeutung hat es für die Geldpolitik?;70
5.2;I. Das (aktuelle) Problem;70
5.3;II. Deutsches Stabilitätsbewußtsein: Wie kann man es messen und erklären?;73
5.4;III. Welche Bedeutung hat das Stabilitätsbewußtsein in Deutschland für den Stabilitätserfolg?;85
5.5;IV. Schlußfolgerungen;102
5.6;Anhang 1;104
5.7;Anhang 2;105
5.8;Anhang 3;106
6;La culture monétaire française au XXe siècle;108
6.1;La construction d une overdraft economy;108
6.2;I. Auri sacra fames: la culture monétaire française en 1914;109
6.3;II. Crise de la culture monétaire et politisation de l argent au XXe siècle;112
6.4;III. Le système financier français au XXe siècle: cohésion sociale et overdraft economy;118
6.5;IV. Résumé;127
7; Eine Art Religionskrieg ;130
7.1;Argumentationsmuster, Diskursstrategien und politische Symbolik in den deutsch-französischen Debatten um die Einführung des Euro;130
7.2;I. Die deutschen Argumente;135
7.3;II. Die französischen Argumente;156
7.4;III. Resümee und Ausblick;171
8; Abolish the pound and you abolish Britain ;176
8.1;Pfund Sterling, Bank of England und britische Identität im 20.Jahrhundert;176
8.2;I. Pfund und Bank of England;177
8.3;II. Seit Maastricht: Auswirkungen auf beide Institutionen;181
8.4;III. Öffentliche Debatten über den Euro;186
8.5;IV. Argumentationsfiguren und (Geschichts-)Bilder;191
8.6;V. Souveränität statt Stabilität;202
9;Krisenerfahrung und Deutungsmacht;206
9.1;Die Währungspolitik Schwedens und der Schweiz im 20.Jahrhundert;206
9.2;I. Drei Phasen im 20.Jahrhun…
Weitere Informationen
- Allgemeine Informationen
- GTIN 09783486591699
- Editor Bernhard Löffler
- Sprache Deutsch
- Auflage Reprint 2019
- Größe H236mm x B160mm x T20mm
- Jahr 2010
- EAN 9783486591699
- Format Fester Einband
- ISBN 978-3-486-59169-9
- Veröffentlichung 01.01.2010
- Titel Die kulturelle Seite der Währung
- Untertitel Europäische Währungskulturen, Geldwerterfahrungen und Notenbanksysteme im 20. Jahrhundert
- Gewicht 547g
- Herausgeber De Gruyter Oldenbourg
- Anzahl Seiten 252
- Lesemotiv Verstehen
- Genre 20. Jahrhundert (bis 1945)