Die Weltstadt im Licht

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Martin Höhlig vermittelt in 275 Nachtfotografien einen einzigartigen Gesamtblick auf die moderne aufstrebende Weltstadt Berlin. Besondere Beachtung widmet er der Darstellung prosperierender jüdischer Gewerbetätigkeit.

Leseprobe
»Das Licht ist der objektivste Zeuge.« Diese Aussage formulierte der Ausnahmenaturforscher und Physik-Nobelpreisträger Albert Einstein am 13.11.1921 unter einem Porträtfoto seiner Person. Das Foto wurde durch den Lichtbildner Martin Höhlig aufgenommen. Der Abzug mit der Widmung Einsteins war ein Belegexemplar für das Archiv des Fotografen. Neben der Danksagung für die gelungene, ausdrucksvolle Arbeit spricht Einstein hiermit gleichzeitig ein Kernthema der Fotografie an, nämlich die Funktion des Lichts im fotografischen Schaffensprozeß. Das Licht wurde mit der rasanten Weiterentwicklung der Fotografie nach dem Ersten Weltkrieg zum wichtigsten und grundlegendsten Faktor in der gestalterischen Tätigkeit des Fotografen. Die Einsteinsche Feststellung ist Omen und wurde zugleich Credo für die kurze, aber hochintensive Schaffensperiode des Fotografen Martin Höhlig. Er verstand es in hervorragender Weise, das Licht zu gestalten und auf seine einzigartigen Fotos zu bannen. Dabei verband er solide handwerkliche Fähigkeiten, die er sich im Laufe seines Berufslebens angeeignet hatte, mit seiner künstlerischen Intuition und gesellschaftlichen Visionen. Als Ergebnis der Hauptphase seiner künstlerischen kreativen Tätigkeit im Zeitraum von 1925 bis 1932 werden im vorliegenden Bildband 275 Arbeiten des nächtlichen Berlins vorgestellt. Sie umfassen kaleidoskopisch das Stadtbild der Reichshauptstadt und bilden ein in sich geschlossenes Werk sowie ein einzigartiges sozialdokumentarisches Zeugnis dieser Zeit. Über den Fotografen Martin Höhlig war bisher wenig bekannt. Viele seiner Arbeiten wurden in namhaften Publikationen mit dem Hinweis auf einen unbekannten Fotografen veröffentlicht. Aufgrund der fehlenden Fotografenstempel konnte in diesen Fällen die Urheberschaft nicht zugeordnet werden. Geboren wurde Martin Höhlig am 2. April 1882 im sächsischen Zwickau. Es ist anzunehmen, daß er eine Lehre als Lichtbildner absolvierte und sich in Ateliers namhafter Fotografen seine ausgezeichneten handwerklichen Fähigkeiten aneignete. Schwerpunkt seiner frühen beruflichen Tätigkeit war die traditionelle Porträtfotografie, die Haupterwerbsquelle der Fotografen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Weiterhin verdiente er sich seinen Lebensunterhalt mit der Herstellung von fotografischen Vorlagen für Postkarten. Der Porträtfotografie blieb er zeitlebens treu. Albert Einstein wurde von ihm ein weiteres Mal im März 1923 für das Gesellschaftsmagazin »Vanity Fair« porträtiert. Darüber hinaus fertigte er Porträts anderer Geistesgrößen jüdischer Herkunft, zum Beispiel vom Psychiater und Schriftsteller Sigmund Freud und von dem prominenten Rechtsanwalt und Dramatiker Erich Frey. Der bekannte havelländische Maler Karl Hagemeister stand ebenfalls vor seiner Kamera. Er lichtete Größen des politischen Lebens des Kaiserreichs und der Weimarer Republik ab, so Kaiser Wilhelm II. im Doorner Exil, den Reichspräsidenten Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg und Generalfeldmarschall August von Mackensen. Um 1920 gründete Martin Höhlig ein eigenes Atelier in unmittelbarer Nähe des Potsdamer Platzes, in der Bellevuestraße 21. In derselben Straße hatte auch der prominente Fotograf Nicola Perscheid sein Atelier. Die noble, exponierte Lage des Ateliers und seine hervorragenden Kontakte zu bekannten Persönlichkeiten des gesellschaftlichen Lebens weisen ihn als Fotografen der oberen Gesellschaftsschicht aus. Grundlegende Veränderungen in der Gesellschaft, insbesondere auch auf dem Gebiet der Kunst, auf die noch näher einzugehen sein wird, prägten den künstlerischen Werdegang von Martin Höhlig entscheidend. Er entwickelte sich zu einem Hauptvertreter der Fotografie der »Neuen Sachlichkeit«. Von dieser Stilrichtung maßgeblich befördert, hat er sie selbst nachhaltig und in exponierter Weise mitgestaltet und beeinflußt. Die in der Blütezeit der »Neuen Sachlichkeit « entstandenen Fotos widerspiegeln den Höhepunkt seines kreativen Schaffens. Das kulturfeindliche Klima nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 wirkte sich negativ auf seine schöpferische Tätigkeit aus. Die ersten Jahre während des Dritten Reiches hat er wohl noch relativ unbehelligt, stilistisch nahezu unverändert, weiterarbeiten können. Seit Mitte der dreißiger Jahre war er jedoch zunehmend Repressalien ausgesetzt. Da die neuen Machthaber die sich ihnen andienenden Presse- und Propagandafotografen bevorzugten, zog er sich ins Exil der Porträtfotografie zurück. Von 1933 bis 1937 war Martin Höhlig Mitglied und Fotograf des Vereins für die Geschichte Berlins. Im Jahre 1937 wurden alle Mitglieder jüdischer Herkunft ausgeschlossen. Im selben Jahr verließ auch Martin Höhlig den Verein. Es ist anzunehmen, daß er wegen der von ihm porträtierten jüdischen Persönlichkeiten und der umfassenden Darstellung jüdischen Geschäftslebens in seinem fotografischen Werk als »Judenfreund« gebrandmarkt und mit Feme belegt wurde, so daß er freiwillig den Verein verließ oder ebenfalls ausgeschlossen wurde. Nach dem Krieg war das Leben Martin Höhligs sowie das so vieler anderer Künstler durch Perspektivlosigkeit und Stagnation geprägt. Mangelnde Aufträge gestatteten ihm nur spärlich, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zunehmend verfiel er in Depressionen. Am 17. Dezember 1948 schied er durch Selbsttötung aus dem Leben. Er erschoß sich in seiner Charlottenburger Wohnung Havelstraße 15. Mit seinem persönlichen und beruflichen Werdegang teilt Martin Höhlig das Schicksal vieler Künstler der »Verlorenen Generation«. Der Zeitraum bis zum Ersten Weltkrieg war geprägt durch Ausbildung und künstlerische Entwicklung. Während des Krieges erfolgten Militärdienst und die Einschränkung der künstlerischen Tätigkeit, soweit sie nicht Propagandazwecken diente. Im kulturfreundlichen Umfeld der Weimarer Republik durchlebten viele Künstler eine intensive, kreative und hochproduktive Schaffensphase, die abrupt durch die Kontrollmechanismen und Repressalien der NS-Diktatur beendet wurde. Nach dem Krieg konnten nur wenige an die Leistungen aus den Zwanziger Jahren anknüpfen. Insofern ist das Schicksal des Fotografen Martin Höhlig als tragisch und auch typisch für Künstler seiner Generation anzusehen. Der Verlauf der Deutschen Geschichte war für ihn Fluch, aber zugleich auch Segen. Die segensreiche Schaffensphase, vor allem seit Mitte der Zwanziger Jahre, resultierte aus einem gesellschaftlichen Nährboden, der Kunst und Kultur in bisher nicht dagewesener Weise förderte. Nach dem Trauma des Ersten Weltkrieges, das in Massenarbeitslosigkeit, Armut, Hunger und Elend mündete, setzte eine sich allmählich vollziehende Phase der gesellschaftlichen Umwälzung ein. Insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung vollzog sich in einem hohen Tempo. Die Industrialisierung wurde in Berlin von Firmen internationaler Bedeutung wie SIEMENS, AEG, OSRAM und BORSIG vorangetrieben. Mit der Bildung von Groß-Berlin im Jahre 1920 begann ein Prozeß der Urbanisierung bisher nicht gekannten Ausmaßes. Die massenhafte Errichtung von Wohn-, Industrie- und Verkehrsbauten ist symptomatisch für den Aufstieg zur Weltstadt. Berlin wurde Mitte der Zwanziger Jahre hinter London und New York nach Einwohnern zur dritt- und nach der flächenmäßigen Ausdehnung hinter Los Angeles zur zweitgrößten Stadt der Welt. Insbesondere mit der Umsetzung des Dawes-Plans nach 1924 explodierte die Konjunktur. Diese Epoche des Aufbruchs veränderte das Stadtbild entscheidend. Neben Amüsiertempeln entstanden Bauten für den gehobenen exklusiven, als auch für den Massenkonsum. Neuartige Beleuchtungsinstallationen verliehen Berlin den Charakter einer attraktiven, einladenden und weltoffenen Stadt. Die Zeit der Hochkonjunktur zwischen 1925 und der Ende 1929 einsetzenden Weltwirtschaftskrise…

Weitere Informationen

  • Allgemeine Informationen
    • GTIN 09783942115865
    • Editor Fred Richter
    • Sprache Deutsch
    • Genre Sachbücher Geschichte
    • Lesemotiv Entdecken
    • Anzahl Seiten 288
    • Größe H304mm x B215mm x T25mm
    • Jahr 2019
    • EAN 9783942115865
    • Format Fester Einband
    • ISBN 978-3-942115-86-5
    • Veröffentlichung 13.03.2019
    • Titel Die Weltstadt im Licht
    • Autor Fred Richter
    • Untertitel Berliner Nachtfotografien von Martin Höhlig aus den Jahren 1925 bis 1932
    • Gewicht 1433g
    • Herausgeber Bussert Dr. + Stadeler

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