Einstellungs- und Verhaltensänderungen in und durch Kleingruppen: Rezeption eines sozialpsychologischen Komplexes für den kirchlichen Kontext

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Details

Durch eine intensive Gruppenkohäsion, eine starke Abgrenzung nach außen und einen streng normierten Verhaltenskodex versuchen einige Gruppen und Organisationen auch im religiösen Bereich den Menschen ein Gefühl von Geborgenheit, Stabilität und Sicherheit zu vermitteln. Der Preis dafür ist jedoch hoch: Für diese Ersatzwirklichkeit wird Gefügigkeit unter Normsetzungen gefordert, die nicht selbst mitbestimmt werden können und die nicht immer durchschaubare Ziele verfolgen.
Kirchen jedoch, die ihre Aufgabe darin verstehen, die Freiheit des Evangeliums zu verkünden, die Emanzipation des Einzelnen zu fördern und die kritischen Fähigkeiten des Individuums zu stärken, sollten andere Wege suchen: Sie sollten in einer durch Individualisierung und Pluralisierung gekennzeichneten Zeit in und durch Kleingruppen den Menschen die Möglichkeit bieten, ihre Einstellungen und Verhaltensweisen verändernd wahrzunehmen.
Zum Autor
Sidnei Noé , geboren 1966 in Brasilien, schloss sein Theologiestudium 1990 ab. Nach seiner Promotion bei Prof. Winkler an der Kirchlichen Hochschule in Bethel (Bielefeld) war er Gemeindepfarrer in São Paolo. Seit 2000 ist er Professor für Praktische Theologie an der lutherischen Hochschule "Escola Superior de Teologia" in São Leopoldo. Sein Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich des Dialogs zwischen Seelsorge und Psychoanalyse.

Leseprobe
III. Einstellungs-Verhaltensänderung: Ein Ziel im kirchlichen Kontext (S. 184-185)
Unter der Voraussetzung, dass zwischen den Begriffen Glaube und Einstellung eine Affinität besteht, könnte auch eine ähnliche Verwandtschaft zwischen den Begriffen angenommen werden, die eine Veränderung dieser elementaren Strukturen zum Ausdruck bringen wollen. Während im theologischen Rahmen die Aufforderung zur Buße und Umkehr443 in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielt, ist in der sozialpsychologischen Ausdrucksweise die Rede von Einstellungs-Verhaltensänderung.
Dieser Umweg" über das sozialpsychologische Pendant zur theologischen Auffassung von Veränderung bringt für diese Arbeit die gewünschte Folge, dass nicht die theologische normative Forderung im Mittelpunkt steht (die Frage nach dem Was"), bzw. dessen Umsetzung in die Praxis, sondern, dass der Weg bis hin zur Änderung thematisiert wird (die Frage nach dem Warum" und die Frage nach dem Wie"). Denn es kann hier nicht die Meinung derer geteilt werden, die sagen, die in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse über die Entstehung und Änderung von Einstellungen bzw. Verhaltensweisen seien so zu verstehen, dass ein über die kognitive Ebene an den Einzelnen herangetragener normativer Appell (Gesetz),die Resistenz gegen Änderungen durchbricht. Andererseits kann auch nicht die Meinung im theologischen Sinne geteilt werden, dass die Aufforderung zur Veränderung (Umkehr) ein Wert an sich ist. Sie ist nicht bloßes Gesetz, sondern sie hat einen Sinn.
Dieser Sinn liegt darin, dass Glaubensvorstellungen (oder Einstellungen) eine wichtige Funktion für den Menschen haben: Sie dienen dem Menschen als Lebenshilfe. Werden die Inhalte dieser komplexen Struktur (bestehend aus Affekten, Kognitionen und Konationen) nicht in jeder neuen Lebensphase im Bezug auf die Veränderung der sozialen Umwelt aktualisiert, so versagen sie in der Erfüllung ihrer Funktion und werden von den entscheidungsrelevanten Kriterien zur Orientierung in der veränderten Lage abgekoppelt.
In diesem Sinne ist es wichtig, die Frage nach der Veränderung von Einstellungen und Verhalten nicht zeitlos beantworten zu wollen, sondern mit einer Analyse der Herausforderungen der Zeit zu verknüpfen, was bedeutet, dass die einzelnen gesellschaftlichen Strukturen, sowie die Verbindung dieser zum Verhalten analysiert werden müssen. Hierfür ist eine Gesellschaftsanalyse nötig. Durch die Einbeziehung der Diskussion über die Herausforderungen der Postmoderne an den Einzelnen wurde der Tatbestand abgeleitet, dass es nicht nur zu einer Anpassungsstrategie, sondern schlichtweg zum Überlebenskampf gehört, dass der Einzelne unter den gegebenen Bedingungen die Fähigkeit erwirbt, seine Einstellungen und Verhaltensweisen zu verändern.
Die zentrale These in dieser Hinsicht wurde von der durch KEUPP überarbeiteten Unterscheidung des Ethnologen LÉVI-STRAUSS zwischen heißer und kühler Geschichtsperiode abgeleitet. Die erste Aussage in diesem Zusammenhang war, dass sich die Entwicklung in den abendländisch spätkapitalistischen Gesellschaften am Ende des zweiten Jahrtausends in einer Krise, bzw. einer heißen Periode befindet. Diese Krise ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass die traditionellen Sinnstiftungsinstanzen" zunehmend versagen, um Antworten auf die komplexen Probleme zu geben.

Inhalt
1;Vorwort;6
2;Inhaltsverzeichnis;10
3;I. Veränderung: Eine Frage der Einstellung;12
3.1;1.1. Erkenntnisse aus der Einstellungsforschung;21
3.1.1;1.1.1. Einstellungen: ein zentrales Thema der Sozialpsychologie;21
3.1.2;1.1.2. Definitionen von Einstellungen;23
3.1.3;1.1.3. Das Komponentenmodell;28
3.1.3.1;1.1.3.1. Die affektive Komponente;28
3.1.3.2;1.1.3.2. Die kognitive Komponente;31
3.1.3.3;1.1.3.3. Die konative Komponente;35
3.1.3.4;1.1.3.4. Zusammenfassung und Würdigung des Komponentenansatzes;38
3.1.4;1.1.4. Funktionen der Einstellungen;40
3.2;1.2. Entstehung und Änderung von Einstellungen;44
3.2.1;1.2.1. Einstellungen werden gelernt;45
3.2.1.1;1.2.1.1. Lerntheorien;46
3.2.1.1.1;1.2.1.1.1. Das klassische Konditionieren;46
3.2.1.1.2;1.2.1.1.2. Das operante Konditionieren;48
3.2.1.1.3;1.2.1.1.3. Das Lernen am Modell;53
3.2.1.1.4;1.2.1.1.4. Zusammenfassung der Lerntheorien;58
3.2.1.2;1.2.1.2. kognitivistische Ansätze;61
3.2.1.2.1;1.2.1.2.1. Heiders Gleichgewichtskonzept;62
3.2.1.2.2;1.2.1.2.2. Das Kongruenzprinzip von OSGOOD u. TANNENBAUM;68
3.2.1.2.3;1.2.1.2.3. Die Theorie der kognitiven Dissonanz von FESTINGER;74
3.2.1.2.4;1.2.1.2.4. Diskussion der kognitivistischen Ansätze;82
3.2.2;1.2.2. Einstellungen sind änderungsresistent;86
3.3;1.3. Einstellungsänderung und Verhalten;88
3.3.1;1.3.1. Überblick der Richtung: Einstellungen führen zur Verhaltensänderung;88
3.3.2;1.3.2. Verhaltensänderungen führen zur Einstellungsänderung;92
3.3.3;1.3.3. Auswertung;95
3.4;1.4. Zusammenfassung und Ausblick;96
4;II. Verhaltens-Einstellungsänderung: Eine Aufgabe für Kleingruppen;99
4.1;2.1. Einführung;99
4.2;2.2. Gruppen und Verhaltens-Einstellungsänderung;110
4.2.1;2.2.1. Konvergenzkraft in Richtung eines hypothetischen Zentrums;111
4.2.2;2.2.2. Beeinflussungsprozesse;113
4.2.2.1;2.2.2.1. Konformitätsdruck;114
4.2.2.1.1;2.2.2.1.1. Anpassungskonformität;116
4.2.2.1.2;2.2.2.1.2. Einstellungskonformität;120
4.2.2.1.3;2.2.2.1.3. Unabhängiges und antikonformes Verhalten;122
4.2.2.1.4;2.2.2.1.4. Auswertung;128
4.2.3;2.2.3. Entartungserscheinungen von Gruppen;131
4.2.3.1;2.2.3.1. Die Gruppe als große Mutter;132
4.2.3.2;2.2.3.2. Die Gruppe als starre Institution;134
4.2.3.3;2.2.3.3. Die incurvatio in semet ipsum Gruppe;136
4.2.3.4;2.2.3.4. Die Gruppe als Masse ;138
4.2.3.5;2.2.3.5. Die Gruppe als Menge ;142
4.2.3.6;2.2.3.6. Auswertung;144
4.3;2.3. Modellvorstellung dieser Arbeit;145
4.3.1;2.3.1. Zielvorstellung;145
4.3.2;2.3.2. Verhaltens- und Einstellungsänderung durch dramatisches Spiel;149
4.3.2.1;2.3.2.1. Paradigma a: J. HARTUNGs verhaltenstheoretischer Ansatz;150
4.3.2.1.1;2.3.2.1.1. Diagnostisches Rollenspiel;152
4.3.2.1.2;2.3.2.1.2. Das einstellungsändernde Rollenspiel;156
4.3.2.1.3;2.3.2.1.3. Auswertung;161
4.3.2.2;2.3.2.2. Paradigma b: Das Theater der Unterdrückten nach A. BOAL;164
4.3.2.2.1;2.3.2.2.1. Die Entdeckung des eigenen Körpers;165
4.3.2.2.2;2.3.2.2.2. Der Körper als Sprachmittel;167
4.3.2.2.3;2.3.2.2.3. Theater als Sprache;168
4.3.2.2.4;2.3.2.2.4. Auswertung;174
5;III. Einstellungs-Verhaltensänderung: Ein Ziel im kirchlichen Kontext;185
5.1;3.1. Systemischer un…

Weitere Informationen

  • Allgemeine Informationen
    • Sprache Deutsch
    • Titel Einstellungs- und Verhaltensänderungen in und durch Kleingruppen: Rezeption eines sozialpsychologischen Komplexes für den kirchlichen Kontext
    • Veröffentlichung 22.07.2005
    • ISBN 978-3-86596-048-1
    • Format Kartonierter Einband
    • EAN 9783865960481
    • Jahr 2005
    • Größe H210mm x B148mm x T15mm
    • Autor Sidnei Vilmar Noé
    • Untertitel Ein Beitrag zum interdisziplinren Austausch zwischen Praktischer Theologie und Sozialwissenschaften
    • Auflage 05001 A. 1. Auflage
    • Genre Praktische Theologie
    • Anzahl Seiten 266
    • Herausgeber Frank und Timme GmbH
    • Gewicht 349g
    • GTIN 09783865960481

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