Morbus Sockenschuss

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Details

Ich beschreibe auf humorvolle Weise meine Arbeit als psychiatrische Fachkrankenschwester. Alle beschriebenen Charaktere habe ich frei erfunden; der allgemeine Rahmen und die vorgestellten Menschen sind aber trotzdem erschreckend real'. Der Text richtet sich an alle interessierten Leser. An Menschen, die sich dafür interessieren, wie es hinter den Kulissen der psychiatrischen Klinik zugeht, an potentielle Kolleginnen und Kollegen und an psychisch kranke Menschen, die sich dafür interessieren, wie die Behandlung von Patienten aus der Perspektive einer Krankenschwester aussieht.

Autorentext
Karin Knick wurde 1965 in Berlin (West) geboren. Nach dem Abitur folgte die Ausbildung zur Krankenschwester beabsichtigter Weise an einer Berliner Landes-Psychiatrie. Danach studierte sie vier Semester Arabistik und Vergleichende Musikwissenschaften an der Freien Universität Berlin. 1990 bis 2000 lebte und arbeitete sie in Gambia /Westafrika. Seit 2000 befindet sich Karin Knick wieder in Berlin. Hier erfolgt die Tätigkeit als Krankenschwester an verschiedenen Berliner psychiatrischen Kliniken, seit 2007 mit erfolgreich abgeschlossener Zusatzausbildung für die Fachpflege Psychiatrie.

Leseprobe
Eine Floskel, die ich liebe. Freundlich und bestimmt. Dann verbinde ich dieses Telefonat mit Dr. Oetker. Und danach wende ich mich wieder dem neuen Patienten zu. Der ist von kräftiger Statur, deutlich größer als ich (was auch nicht allzu schwierig ist!), hat dunkle, etwas fettige Haare und braune Augen. Er sieht wirklich müde und erschöpft aus, trägt ein Krankenhaus-Nachtleibchen und darüber einen verschlissenen Bademantel, wahrscheinlich aus dem Fundus'. So ein Fundus ist eine Erfindung, die es wahrscheinlich in den meisten psychiatrischen Krankenhäusern gibt. Übriggebliebene und aussortierte Kleidungsstücke werden auf den Stationen gelagert und an bedürftige Patienten ausgegeben. Zum Beispiel an Patienten, die von der Straße' kommen und nichts dabei haben oder aus einen Krankenhaus, wo sie nur im Schlafleibchen bekleidet weitergeleitet werden. So wie Herr Boschem. Der Bademantel ist in der Tat einer aus unserer Kollektion', vor ihm haben ihn bestimmt schon vier, fünf andere Patienten getragen, an die ich mich zum Teil noch recht lebhaft erinnern kann (natürlich werden die Kleidungsstücke gut gewaschen). Ich reiche dem Patienten die Hand: Hallo, Herr Boschem. Ich stelle mich erst mal vor: Mein Name ist Knick, ich bin psychiatrische Fachkrankenschwester. Was kann ich denn für Sie tun? Herr Boschem lächelt überraschend freundlich. Jedenfalls überraschend freundlich für einen verunglückten und gerade erst geretteten Selbstmörder. Hallo. Hätten Sie eventuell mal eine Zahnbürste und einen Kamm dabei? Und etwas Seife, die im Spender im Bad ist nämlich alle. Natürlich, kein Problem. Ich bringe es Ihnen aufs Zimmer. Das mache ich dann auch. Der Patient schlurft recht mühsam in sein Zimmer zurück. Ich hole ihm Kamm und Zahnbürste aus der Vorratskammer und eine neue Flasche Seife. Handtücher und hat er bereits automatisch auf dem Bett. Zurück im Zimmer sitzt er etwas steif auf der Bettkante. So als sei er ein Hausherr' und erwarte mich zum Hausbesuch. Die Hände hat er gefaltet und er guckt ein wenig traurig, lächelt aber dabei irgendwie wissend. Durch seinen drei-Tage-Bart wirkt er leicht ungepflegt. Das habe ich schon bemerkt. Aber mit Absicht habe ich ihm keinen Rasierer mitgebracht. Denn als nicht distanzierter Suizidaler' müsste ich bei seiner Rasur dabei sein. Er soll sich ja nicht mit unserem Rasierer die Pulsadern aufschneiden! Bei seiner Rasur dabei zu sein habe ich aber im Moment keine Zeit. Immerhin ist unsere Praktikantin alleine da vorne im Dienstzimmer. Sie kann das sicher händeln, Telefon und Tür bedienen und Anfragen auf etwas später vertrösten, aber ich will ihre Geduld und die der Patienten nicht überstrapazieren. Hier ist die Zahnbürste und der Kamm. Die Seife hier geht übrigens auch als Shampoo für die Haare. Wie geht's Ihnen denn so? Sie sind noch ein bisschen wackelig auf den Beinen. Damit ist meine Frage ganz offen. Er kann ganz oberflächlich antworten oder auf seinen wackeligen Zustand eingehen oder mir sein Herz ausschütten. Ach, naja, mir geht's so einigermaßen. Wie es einem geht, wenn man gerade dem Tod von der Schippe gesprungen ist. Da ist es wieder, dieses ganz leichte Lächeln. Nett sagt er das, ganz natürlich. * Weiter im Text: Frau Munz scheint sich ganz schön zusammenzureißen. Sie ist in Gesprächen ganz kontrolliert, so als könnte sie sonst jederzeit platzen. Der Tavor-Entzug macht ihr immer noch zu schaffen. Über ihre Kinder verliert sie kein Wort. Herr Boschem hat sich wirklich gut gefangen. Er zeigt sich stabil und hatte nachmittags auch Besuch von einem Bekannten. Da hat er sich vorher ziemlich in Schale geworfen. Nur die Sichtkontrolle nervt ihn langsam. Er beklagt sich nicht, aber man merkt es. Heute bin ich mit ihm zur Biographie-Arbeit verabredet. Eine Frage Ich wende mich an den Psychologen Herr Thomas. Hast du mit Herrn Boschem schon geredet? Irgendwie kommt er ziemlich narzisstisch rüber Nee, habe ich noch nicht. Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass es so etwas wird. Lassen wir uns überraschen. Gut. Herr Tenragal hat gestern Nachmittag nichts Besonderes gezeigt. War ruhig und hat keine Fehlhandlungen gezeigt. Hat lange TV geguckt. Herr Hoffmann als Nächstes war gestern ziemlich geordnet, er hat sich sogar mit Nicole unterhalten. Über Topfpflanzen. Da ist er ein richtiger Experte und konnte sich ganz normal unterhalten. Heute früh dagegen ist er ganz durcheinander. Er hat mich erst mal mit Echolalie begrüßt. Bei der Körperpflege musste ich ihn unterstützen. Da war er ganz hilflos. Aber kooperativ, zum Glück. Wusch sich auf meine Anordnung hin wie ein Roboter. Läuft auch wie ein Roboter. Heute gefällt er mir wirklich gar nicht. Allgemeines betretenes Schweigen. Da wir nicht wissen, was der Patient hat, können wir auch nicht viel für ihn tun. Ich fahre fort: Frau Muhle Da geht die Tür auf und Dr. Oetker und Dr. Brinkmann kommen mit wehenden Kitteln reingerauscht. Guten Morgen nuschelt Dr. Brinkmann, 'tschuldigung für die Verspätung. Noch während sich die beiden Ärzte setzen, sagt Dr. Oetker: Dann können wir ja anfangen mit der Übergabe. Anfangen ist gut, kontere ich, wir haben schon angefangen. Also, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, bei Frau Muhle. Frau Muhle hat Können wir bitte von vorne anfangen?, sagt Dr. Brinkmann, Es ist ja wichtig, wir müssen auch wissen, was mit den ersten Patienten so los ist. Ich habe gerade das Gefühl, vom Pferd einen enormen Tritt verpasst zu bekommen. Ich muss kurz schlucken und mich dabei unbemerkt am Tisch festhalten. Ich gucke in die Runde und sehe eigentlich keine besonderen Gefühlsregungen bei den Anderen. Weder bei den Therapeuten oder bei den Psychologen. Oder sie verstellen sich sehr gut. Vielleicht bin ich etwas zu kritisch. Also fange ich von vorne an. Wie jetze, echt? Von vorne? Okay Also, Frau Sanchez ist ja gestern gekommen und zeigt eine depressive Symptomatik. Sie wirkt heute früh recht gedrückt, hat auch länger geschlafen. Frau Müller ist in Mimik und Gestik weiterhin reduziert. Sie hatte Besuch und war im Garten. Frau Yilmaz macht uns ein bisschen Sorgen. Sie war schon wieder in der Mucki-Bude und wirkt auch sonst irgendwie über dem Strich'. Zeigte sich distanzgemindert im Spätdienst, hat Nicole geduzt und ist heute früh beim Walken auffällig zwischen den Patienten hin- und hergerannt. Frau Scholl geht es besser Ähm-hm, ,tschuldigung unterbricht mich Dr. Brinkmann erneut, wir sind schon ziemlich spät dran. Können wir das eventuell ein bisschen raffen? Jetzt habe ich gleich das Gefühl, dass nicht ein Pferd, sondern dass ein Nilpferd mich tritt. Und zwar kräftig. Hallo, geht's noch?? Erst zu spät kommen, dann sollen wir noch mal von vorne anfangen und dann geht es nicht schnell genug für die Herrn Doktor?? Ich glaube ja wohl, ich spinne. Auch hier halte ich mich ganz h…

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Weitere Informationen

  • Allgemeine Informationen
    • Sprache Deutsch
    • Herausgeber Kinzel, Manuela Verlagsgr
    • Gewicht 381g
    • Untertitel Aus dem Berufsalltag einer psychiatrischen Krankenschwester
    • Autor Karin Knick
    • Titel Morbus Sockenschuss
    • Veröffentlichung 01.12.2014
    • ISBN 978-3-95544-022-0
    • Format Kartonierter Einband
    • EAN 9783955440220
    • Jahr 2014
    • Größe H211mm x B146mm x T20mm
    • Anzahl Seiten 260
    • Lesemotiv Verstehen
    • Auflage 2. Auflage
    • Altersempfehlung 12 bis 18 Jahre
    • GTIN 09783955440220

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