Das Dorf ist wie das Internet, es vergisst nichts
Details
Wer einen realistischen Eindruck vom Zustand Österreichs gewinnen möchte, braucht das Land bloß mit dem Zug zu durchreisen die freiwillig und halbfreiwillig gefuhrten Gespräche in den Railjets und Speisewägen der Nation geben einen tiefen Einblick in die hiesige Verfasstheit, die zwischen »Fernsehkaisern und Kurzschlusskanzlern « kaum unterscheiden zu können scheint.Eine solche Tour de force unternimmt Markus Köhle mit viel Sprachwitz in seinem Romandebut, in dem er seinen aufmerksam registrierenden Protagonisten Lukas auf seinen Zugreisen durch die Bundesländer den großen Themen unserer Zeit begegnen lässt: Deutlich zu spuren ist da das »Stadt-Land-Kluft-Schlamassel«, die sture Ignoranz gegenuber der nötigen Veränderung (»die Fuße schischuhschwer, aber die Nase immer oben«), ein bestenfalls halbes Bewusstsein von Überalterung und Pflegenotstand und, naturlich, eine große Unlust, sich mit all dem ernsthaft auseinanderzusetzen.Fur Lukas, der als freiberuflicher Texter ein offenes Ohr fur die Problematik und sprachliche Wirklichkeit all dessen hat, kommt es aber noch schlimmer: Denn was im Argen liegt, hat auch noch mit ihm persönlich zu tun. Das begreift er spätestens dann, als sich der Burgermeister seines Tiroler Heimatdorfes meldet, um ihm gut österreichisch kuhhandelnd einen Literaturpreis im Tausch gegen eine literarische Lobeshymne auf sein Fleckchen Muttererde zu verleihen. Da Lukas den Auftrag nicht ausschlagen kann, mischt sich zu den Konversationen im Zugabteil nun noch die mémoire involontaire einer Jugend am Land, mit all ihren Senken und Tiefen, unerfullter Liebe, Sehnsucht und unentrinnbarer Kleingeistigkeit.Zur Wehr setzen kann er sich mittlerweile aber doch: Wir reisen mit ihm nicht nur der Preisverleihung und Gemeindelesung entgegen, sondern auch dem literarischen Befreiungsschlag gegen die Zustände. Ob er gelingen kann? »Das geht sich aus, weil Österreich auch Schönred-, Ausreden- und Wurschtlweltmeister ist. Ja, in Österreich ist sich uber Kurz oder Ibiza noch immer alles ausgegangen.«
Autorentext
Markus Köhle, geb. 1975 in Nassereith, Tirol, studierte Germanistik und Romanistik. Seit 2001 ist er literarisch, literaturkritisch, literaturwissenschaftlich und auch als Literaturveranstalter im In- und Ausland aktiv. Seit 2004 lebt und arbeitet er in Wien. Er ist Sprachinstallateur, Literaturzeitschriftenaktivist (www.dum.at) und Poetry Slammer der ersten Stunde.
Weitere Informationen
- Allgemeine Informationen
- Sprache Deutsch
- Autor Markus Köhle
- Titel Das Dorf ist wie das Internet, es vergisst nichts
- Veröffentlichung 27.01.2023
- ISBN 978-3-85449-617-5
- Format Fester Einband
- EAN 9783854496175
- Jahr 2023
- Größe H209mm x B134mm x T25mm
- Gewicht 462g
- Herausgeber Sonderzahl Verlagsges.
- Auflage Jetzt mit Farbschnitt!!
- Genre Gegenwartsliteratur (ab 1945)
- Lesemotiv Auseinandersetzen
- Anzahl Seiten 240
- GTIN 09783854496175